Schnee und Glatteis – zu spät zur Arbeit, bekomme ich trotzdem Lohn?

In Leipzig und Umgebung herrscht aktuell Schneechaos. Die Straßen sind nur schrittweise geräumt, ganze Autobahnen stehen still und der Nahverkehr ist größtenteils eingestellt. Da kann es schon einmal vorkommen, dass dieser plötzliche Wintereinbruch den Weg zur Arbeit erschwert oder sogar unmöglich macht. Aber dürfen Arbeitnehmer der Arbeit fernbleiben, wenn ein pünktliches oder gar überhaupt Erscheinen bei der Arbeit wetterbedingt unmöglich ist?

Wegerisiko

Grundsätzlich gilt: Das sogenannte Wegerisiko tragen die Arbeitnehmer allein. Sie müssen also dafür sorgen, dass sie es pünktlich zur Arbeit schaffen – egal, ob der Nahverkehr streikt oder schlechtes Wetter die Straßen unpassierbar macht. Der Arbeitnehmer soll seinen Arbeitsweg vorausschauend organisieren und notfalls eben früherer zur Arbeit aufbrechen. So sieht es der Gesetzgeber.

§ 616 BGB Vorübergehende Verhinderung

Es gibt aber auch eine Entlohnungspflicht ohne Gegenleistung des Arbeitnehmers.

Voraussetzung für einen solchen Anspruch auf “Lohn ohne Arbeit“ gemäß § 616 BGB ist ein so genannter persönlicher Grund. Dies kann zum Beispiel ein erforderlicher Arztbesuch, ein Termin bei einer Behörde oder ein wichtiges Familienereignis sein. Es muss sich dabei immer um einen Hinderungsgrund handeln, der allein in der Person des Arbeitnehmers liegt. Haben andere Gründe zum Arbeitsausfall geführt, also solche, die jedermann betreffen können, besteht für diese Zeit kein Lohnanspruch nach § 616 BGB. Der Arbeitnehmer, der infolge vereister Straßen oder Schneechaos zu spät kommt, muss daher eine Lohnkürzung hinnehmen, auch wenn er die Wetterbedingungen nicht beeinflussen kann.

Ein Arbeitnehmer, der mit öffentlichen Verkehrsmitteln verspätet zur Arbeit kommt, muss ebenfalls mit Lohnkürzungen rechnen. Es kommt demnach nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer die Verspätung zu vertreten hat.

Anders liegt es, wenn infolge des Schnees auch Schulen und Kitas geschlossen sind. Wenn die Schneemassen verhindern, dass kleine Kinder in Kindergarten oder Schule betreut werden können und auch keine andere Betreuungsperson in Frage kommt, dürfen die Eltern der Arbeit unter Lohnfortzahlung fernbleiben. Eine Ausnahme liegt nur dann vor, wenn § 616 BGB arbeitsvertraglich ausgeschlossen wurde.

Regelung in Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag

Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Vergütungsfortzahlung kann aber einzelvertraglich, durch betriebliche Vereinbarungen oder auch durch Tarifvertrag erweitert oder eingeschränkt werden. Diese Regelungen können von den gesetzlichen Regelungen abweichen und können dem Arbeitnehmer auch bei Schneechaos den Lohn sichern. Eine Überprüfung lohnt sich also.

Betriebsstörungen

Die Gesetzeslage ist nicht immer befriedigend. Ist eine Verspätung durch einen unverschuldeten Verkehrsunfall oder eine Autopanne begründet, behält der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Vergütung. Muss er dagegen wegen Schnee oder Glatteis besonders langsam fahren, so liegt kein persönlicher Grund für den Arbeitsausfall vor und er muss mit Lohnkürzungen rechnen.

Aber auch umgekehrt gilt: Führt massiver Schneefall oder ein anderes Naturereignis zu Störungen im Betrieb, z. B. Einsturzgefahr wegen zu großer Schneemassen auf dem Dach des Betriebsgebäudes oder Heizungs- oder Stromausfall, so behält der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Vergütung auch dann, wenn er seine Arbeitsleistung nicht erbringt oder nicht erbringen kann.

Folgen bei Verspätung oder Nichterscheinen

Kommt der Arbeitnehmer folglich aufgrund schlechter Witterungsbedingungen zu spät oder gar nicht zur Arbeit, muss die Fehlzeit nachgearbeitet werden oder die Lohnzahlung kann gekürzt werden. Ohne Weiteres kündigen darf der Arbeitgeber allerdings nicht. Wichtig ist nur, dass der Betroffene glaubhaft machen kann, alles versucht zu haben, um pünktlich auf Arbeit zu erscheinen. In jedem Fall muss der Arbeitgeber rechtzeitig informiert werden.

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